„Ich zürne denjenigen nicht, die mich verleugnen und verachten, denn Gott ist meine ganze Liebe.“

Unser Verlangen nach Ehre und Anerkennung wird im Nerv getroffen, wenn ungerechterweise Verachtung und Verleumdung uns den guten Namen rauben und uns zutiefst verletzen in unserem Selbstwertgefühl. Solange wir eingebunden sind in den Kodex der allgemeinen Werturteile, fühlen wir uns ausgegrenzt, wenn uns die Achtung der anderen entzogen wird. Wir leiden darunter stärker als unter Hunger und Durst, als unter Armut und Elend. Denn der Boden ist uns entzogen. Wir fallen ins Nichts. Wie ganz anders erfahren wir uns, wenn wir auf dem Boden der Liebe Gottes stehen, dessen Urteil uns alles bedeutet. Der Schmerz bleibt zwar. Aber er mildert sich im Bewusstsein, dass Gott uns freispricht, dass Gott uns nicht fallenlässt, sondern uns in Liebe an sich zieht. Dieser krasse Gegensatz im Verleumdetsein durch die Welt und im Angenommensein durch die Gottesliebe lässt uns Abstand gewinnen, ohne uns zu verschließen. Die Leiderfahrung weitet unseren Blick, macht uns frei von den Abhängigkeiten von der Meinung der andern und entwickelt unsere Liebesfähigkeit zur demütigen Würde.